Stellungnahme der DKP Minden zur Bildungszeitung „Reaktionärer Staatsumbau“

Stellungnahme der DKP Minden zur Bildungszeitung „Reaktionärer Staatsumbau“

 

Die DKP Minden hat sich intensiv mit der Bildungszeitung befasst. Das Thema ist  äußerst wichtig, die Aufmachung ansprechend. Sehr positiv wurde die Darstellung von wichtigen Mechanismen der Massenbeeinflussung aufgenommen. Allerdings wurde richtiggestellt, dass es zunächst  einmal die Lebensweise  in der kapitalistischen Wirklichkeit ist, die systemkonformes Handeln erzwingt und das Bewusstsein prägt.

 

Wer erwartet hat, Analysen der heutigen Rechtsentwicklung zu erhalten – mit den Polizeigesetzen, mit auf Bürgerkrieg orientierten Organisationen innerhalb der Repressionsorgane, deren Verbindungen in die AfD als parlamentarischer Arm ultranationalistischer, militaristischer Kreise, die zugleich faschistischen Kräften einen vorher nicht gekannten Resonanzboden bietet – sieht sich enttäuscht.

 

Nach unserer Meinung bricht die Bildungszeitung mit grundlegenden politischen Orientierungen der Kommunisten unseres Landes.

Das Grundgesetz wird mit keinem Wort erwähnt; es war bisher ein wesentlicher Bezugspunkt unseres Ringens um demokratische Rechte und muss es bleiben.

Der Übergang zum Faschismus wird in den begleitenden Vortragsfolien nur als weitere Stufe im Prozess des Demokratieabbaus zur Beherrschung der zunehmenden Integrationsprobleme dargestellt. Als eine geradezu zwangsläufige Entwicklung. Der Aspekt der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse kommt darin nicht vor.

Die Argumentation ist widersprüchlich: Spielen in den Vortragsfolien die Integrationsprobleme aufgrund wachsenden Widerstands die zentrale Rolle, so werden im Heft nur die Stärke des Großkapitals und seine expansionistischen Ziele hervorgehoben. Der Übergang zum Faschismus in der Weimarer Republik wird verkürzt als eine Entscheidung des Großkapitals im Jahre 1928 dargestellt. Diese Darstellung schließt die Augen vor den rassistisch-sozialdarwinistischen und antisemitischen Aktivitäten des Alldeutschen Verbandes seit 1891, den völkischen Entwicklungen inklusive der Putschpläne in der Weimarer Republik (wir verweisen hier nur auf “Faschismus und Neofaschismus“ von Opitz).

Die historischen Erfahrungen lehren, dass Faschismus eben doch von Faschisten kommt; von faschistischen Kräften in der Monopolbourgeoisie, den dortigen aggressivsten und militantesten Kräften, in Verbindung mit faschistischen Fußtruppen, die mit wachsendem Einfluss immer gefährlicher für die weitere Entwicklung werden.

 

Die abschließenden Argumentationen zur bürgerlichen Demokratie enthalten Aussagen, die jede Differenzierung zwischen bürgerlich-demokratischen und faschistischen Parteien verwischen. Beide werden auf einer sehr abstrakten Betrachtungsebene als Verteidiger der Herrschaft des Monopolkapitals gleichgestellt. Diese Sichtweise missachtet den qualitativen Unterschied zwischen bürgerlicher und faschistischer Herrschaftsform. Sie entspricht aber der problematischen Kategorie der „geschlossenen Heimatfront“. Da hilft dann auch der abschließende Hinweis auf Differenzierungen innerhalb bürgerlicher Parteien nicht mehr. Für die praktische politische Arbeit ist das geradewegs der Weg in den Linksradikalismus und die politische Unwirksamkeit.

Verteidigen wir die bürgerliche Demokratie erst dann, wenn sie angegriffen wird? Oder sind wir mit Engels der Meinung, dass die Republik die beste Form für den Kampf der Arbeiterklasse ist? Sollten wir nicht mit Lenin für die „Entwicklung der Demokratie bis zu Ende“ kämpfen?

 

Opitz hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, der Entstehung faschistischer Massenmentalität früh entgegenzuwirken und eine „allgemein antifaschistische Sammlungsplattform“ zu schaffen, für die die Mehrheit der Bevölkerung gewonnen werden muss. Opitz warnte davor, eine sozialistische Sammlungsplattform anzustreben, weil sie den notwendigen gemeinsamen Kampf mit den nichtsozialistischen Bevölkerungsteilen  verhindert. Die Autoren des Bildungsheftes scheinen zu glauben, dass nur ein von vornherein gegen das Monopolkapital gerichtetes Bündnis anzustreben sei. Damit wird die Herausforderung, das Gift des Rassismus und Sozialdarwinismus zu bekämpfen, in breiten Bündnissen wie „Aufstehen gegen Rassismus“ mitzuarbeiten, und zugleich die Aufklärung über die gesellschaftlichen Machtverhältnisse zu betreiben, schlicht umgangen.

Diese Bildungszeitung gehört zurückgezogen und überarbeitet.

 

DKP Minden, November 2020

 

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