Leitantrag an den 23. Parteitag der DKP
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Die Rolle der Gewerkschaften
Die Einheitsgewerkschaften sind Ergebnis des Kampfes um die Aktionseinheit der Arbeiterklasse, als geschichtliche Erkenntnis aus der Befreiung vom Faschismus. Gleichzeitig bilden sie damit heute die wichtigste organisatorische Struktur für die Herstellung der Aktionseinheit. Dem stehen die Verbreitung sozialpartnerschaftlicher Illusionen und die nach wie vor vorhandene Hegemonie einer im wesentlichen neoliberal ausgerichteten SPD in den Führungen der DGB-Gewerkschaften entgegen.
Beides schwächt die Gewerkschaften hinsichtlich ihrer Aufgaben, der Vertretung der Interessen der gesamten Arbeiterklasse. In diesem Sinne gehören der Kampf um die Aktionseinheit durch die Einheitsgewerkschaften und um innergewerkschaftliche Demokratie und die Autonomie der Gewerkschaften für die DKP zusammen.
Die Interessen der Arbeiterklasse dürfen dabei keinesfalls auf die ökonomischen Interessen reduziert werden. Der Kampf gegen die Kriegs- und Aufrüstungspolitik des Monopolkapitals und die Mobilisierung gegen NATO-Aufrüstung sowie das Säbelrasseln gegen Russland, gegen Wohnungsnot und Privatisierungen sowie gegen verschärfte Polizeigesetze und andere Maßnahmen zum Abbau demokratischer Rechte bedürfen der verstärkten gewerkschaftlichen Intervention.
Neben der betrieblichen Interessenvertretung sehen KommunistInnen deshalb eine wesentliche Aufgabe darin, in diesem Sinne in den Gewerkschaften zu wirken – in engem, vertrauensvollem, aber auch offenem Austausch mit den GewerkschaftskollegInnen, gleich welcher Partei sie angehören.
Die Rolle der Intelligenz
Im Zuge der wissenschaftlich-technischen Revolution und der Zuspitzung der Widersprüche im staatsmonopolistischen Kapitalismus wachsen die Bedeutung der Intelligenz und ihr Anteil an der Bevölkerung. Sie ist dabei einem beträchtlichen Differenzierungsprozess ausgesetzt. Teile der Intelligenz werden Teil der Arbeiterklasse oder nähern sich ihr hinsichtlich ihrer sozialen Lage an. Auch Teile der technischen Intelligenz erleben die Abwertung ihrer Ware Arbeitskraft bis hin zur Gefahr der Verarmung.
Die Ökonomisierung der universitären und Hochschulausbildung, die ein selbstständiges kritisches Forschen und Denken in gesellschaftlichen und naturwissenschaftlichen Zusammenhängen untergräbt, wirkt sich auf das Bewusstsein aus. Insbesondere bei Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen nimmt der Druck zu, ihre geistigen Potenzen zur Durchsetzung neoliberaler Herrschaftsideologien einzusetzen – sei es als direkte Staatsbedienstete, in der universitären Forschung oder im Management von Konzernen.
Sie bilden somit – zum Teil gegen ihren Willen – eine entscheidende Säule zur Absicherung der Hegemonie der Monopolbourgeoisie im Klassenkampf unserer Etappe. Die Notwendigkeit des Bündnisses der Arbeiterklasse mit der Intelligenz wächst. Das Wissen und die geistigen Fähigkeiten der Intelligenz sind für die Herausbildung eines antimonopolistischen Bündnisses zwingende Voraussetzung.
Die DKP sieht es als ihre Aufgabe an, diesen Schulterschluss, wenn auch nur punktuell, voranzutreiben.
Als Teil der lohnabhängigen Mittelschichten müssen die entsprechenden Teile der Intelligenz in die ökonomischen Kämpfe der Arbeiterklasse einbezogen und dem Einfluss der Monopolbourgeoisie entzogen werden. Die Arbeiterklasse kann nur als praktisch vorwärtstreibende und kämpfende Kraft eine Anziehungskraft auf die Intelligenz entwickeln, die zur beginnenden Loslösung vom Einfluss der Monopolbourgeoisie führt. Dazu gehört die Erkenntnis, dass eine selbstbestimmte Entfaltung ihrer geistigen Potenzen nur an der Seite der Arbeiterklasse möglich ist.
Die Rolle der Mittelschichten
Während der Anteil der Lohnabhängigen wächst, sinkt der Anteil der selbstständigen Mittelschichten, der Handwerker, Einzelhändler und Gewerbetreibende. Aufgrund ihrer sozialen Stellung geraten sie als Konkurrenten, Dienstleister oder Zulieferer immer mehr unter ökonomischen Druck des Monopolkapitals und sind Quelle zur Absicherung von Monopolprofit. Ihre Rolle gegenüber der Arbeiterklasse ist entsprechend widersprüchlich:
Einerseits nähern sie sich wie andere Teile der Mittelschichten der Arbeiterklasse in ihrer sozialen Lage an.
Andererseits unterliegen sie immer „Aufstiegshoffnungen“ und damit dem Wunsch, auf die Seite des Monopolkapitals wechseln zu können. Auch dies führt dazu, dass Arbeiter, Angestellte und Auszubildende in Betrieben der selbstständigen Mittelschichten zum Teil besonders krassen Formen der Ausbeutung ausgesetzt sind. Diese Erfahrungen behindern das notwendige gemeinsame Agieren gegen das Monopolkapital.
Die DKP sieht objektiv eine wachsende Interessenidentität von Mittelschichten und Arbeiterklasse im Kampf gegen Angriffe der Monopolbourgeoisie. Dies betrifft zum Beispiel die bereits beschriebenen Bereiche der Reproduktionssphäre, also Kämpfe gegen die Enteignung öffentlichen Eigentums, Personalnotstände oder Kürzungen oder Verteuerungen kommunaler Leistungen. Diese Anknüpfungspunkte für ein antimonopolistisches Bündnis ändern nichts an dem sozialen Gegensatz zur Arbeiterklasse.
Die Bürgerinnen und Bürger auf dem Gebiet der DDR
Die Bürgerinnen und Bürger auf dem Gebiet der DDR bilden aufgrund der historischen Besonderheit, der Herausbildung einer sozialistischen Nation im Osten Deutschlands, eine besondere Kraft im Kampf um ein antimonopolistisches Bündnis. Dabei geht es nicht nur um die Arbeiterklasse im Osten der Republik. Weite Teile der Intelligenz auf dem Gebiet der DDR verfügen über umfangreiche Kenntnisse des Marxismus-Leninismus und Erfahrungen beim Aufbau eines sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Die Arbeiterklasse der DDR verfügt über die Erfahrung, bei Kontrolle über die entscheidenden Produktionsmittel die Geschicke der Gesellschaft in einem Maße zu gestalten, das eine neue Qualität an Demokratie und Emanzipation darstellt.
Allen Bürgerinnen und Bürgern der DDR gemein ist das Erleben einer Heimat, das geprägt ist durch antifaschistische und friedliche Entwicklung. Dieser Erfahrungsschatz mehrerer Generationen hat auch Auswirkungen auf den Bewusstseinstand der jungen Generation, die selbst nicht in der DDR aufgewachsen ist.
Verstärkt und reproduziert wird diese Stellung der Bürgerinnen und Bürger im Osten Deutschlands durch die mit der Konterrevolution einsetzenden und bis heute anhaltenden Maßnahmen der westdeutschen Monopolbourgeoisie gegen die Bevölkerung in Ostdeutschland und ihren Staat. Eine Deindustrialisierung im wirtschaftlichen Ausmaß eines Krieges, die größte Enteignung von Volkseigentum in der deutschen Nachkriegsgeschichte, das Ersetzen der Eliten der DDR durch Westdeutsche mit entsprechender politischer und ideologischer Ausrichtung – all das hat das Vertrauen der Bevölkerung im Osten in den deutschen Imperialismus in weiten Teilen nachhaltig zerstört. Doch trotz der Demütigung in Form verschiedenster Arten der sozialen, politischen und ideologischen Diskriminierung ist es der Monopolbourgeoisie nicht gelungen, die Menschen auf dem Gebiet der DDR politisch und moralisch in die Knie zu zwingen.
Das Interesse der Menschen im Osten der Republik, die vom Monopolkapital bewusst herbeigeführte Armutszone zu überwinden, fällt unmittelbar zusammen mit dem Interesse der gesamten deutschen Arbeiterklasse zur Verteidigung ihrer sozialen Rechte. Die DKP begreift die Identifizierung vieler ostdeutscher Menschen mit der DDR und daraus resultierende Haltungen zum Sozialismus oder zum Friedenskampf als Hilfe im Kampf gegen Antikommunismus und in der Mobilisierung gegen die wachsende Kriegsgefahr. Im Kampf um die Rechte und die Würde der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger sieht die DKP eine Grundvoraussetzung für eine Wende. In diesem Sinne ist der Kampf um das Erbe der Deutschen Demokratischen Republik ein Bestandteil des ideologischen Klassenkampfes zur Überwindung der Hegemonie der Monopolbourgeoisie und der Einleitung einer Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischem Fortschritt.
Die DKP im Ringen um das antimonopolistische Bündnis
Die DKP misst ihre Rolle im Klassenkampf daran, inwieweit es ihr gelingt, geduldig, rücksichtsvoll und lernend um die Schaffung der Aktionseinheit und das antimonopolistische Bündnis in unserem Land zu ringen. Sie leitet diesen Anspruch aus ihren Erkenntnissen des historischen und dialektischen Materialismus angewandt auf den heutigen staatsmonopolistischen Kapitalismus auf internationaler und nationaler Ebene ab.
Dabei ist die DKP sich ihrer organisatorischen und theoretischen Unzulänglichkeiten bewusst, alle Abschnitte des heute stattfindenden Klassenkampfes adäquat zu erfassen. Zusammen mit der ideologischen Schulung misst die DKP deshalb dem politischen Kampf und dessen theoretischer Reflexion einen hohen Stellenwert zu.
In diesen politischen Kämpfen respektieren und achten die Mitglieder der DKP verschiedene Zugänge und weltanschauliche Meinungen. Sie ringen im Interesse der Gesamtbewegung darum, Meinungsunterschiede durch das Hervorheben der gemeinsamen Interessen im Kampf gegen den Hauptgegner der momentanen Etappe produktiv aufzuheben. Der Aufbau eines antimonopolistischen Bündnisses, sei es auch nur vorübergehend, und die Schaffung der Aktionseinheit der Arbeiterklasse sind dabei zwei Seiten eines gleichzeitig zu führenden Klassenkampfes unserer Zeit.
Hierin sieht die DKP ihre Hauptaufgabe und auch den Schlüssel zu ihrer organisationspolitischen Stärkung.
Dieses Land braucht mehr denn je eine starke Deutsche Kommunistische Partei.