Leitantrag an den 23. Parteitag der DKP
⊕ Leitantrag 23. Parteitag zum Download (PDF, 1.31 MB)
Antrag des DKP-Parteivorstandes an den 23. Parteitag der DKP,
28.2.2020 – 1.3.2020, Frankfurt am Main
Unsere Kampffelder im Rahmen der antimonopolistischen Strategie
Der 22. Parteitag hat die antimonopolistische Strategie der Kommunistinnen und Kommunisten theoretisch begründet und bekräftigt. Er schätzte ein, dass die Arbeiterklasse weltweit und in Deutschland mit einer anhaltenden Offensive des Monopolkapitals konfrontiert ist. Das nächste strategische Ziel der Kommunistinnen und Kommunisten ist es, diese Offensive in einzelnen Bereichen zu bremsen und zu stoppen und längerfristig eine Veränderung des Kräfteverhältnisses zu Ungunsten des Monopolkapitals zu erreichen. Das meinen wir mit einer Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischem Fortschritt.
Dabei gehen wir davon aus, dass Fortschritte im Kapitalismus nicht dauerhaft gesichert werden können und der Kampf für die sozialistische Umwälzung weitergeführt werden muss. Mit diesem Dokument wollen wir Kampffelder bestimmen, in denen wir es für möglich halten, dass sich die Arbeiterklasse punktuell aus der Defensive befreien und die Offensive des Monopolkapitals durchkreuzen kann.
Internationale Kräfteverhältnisse
In den zwei Jahren seit dem 22. Parteitag bestätigte sich dessen Einschätzung, dass die unüberwindlich scheinende Überlegenheit des imperialistischen Lagers Risse zeigt. Die Offensive des Monopolkapitals verläuft weniger reibungslos.
- Die USA sind nach wie vor stärkste ökonomische, politische und militärische Macht des imperialistischen Weltsystems. Ihre herrschenden Eliten sind bestrebt, den Abstieg des US-Imperialismus als Hegemon einer unipolaren Weltordnung aufzuhalten. Dem dient die Strategie der Eindämmung der Volksrepublik China, der Russischen Föderation und anderer nach selbstbestimmter Entwicklung strebender Staaten, die sich dem Diktat des Imperialismus widersetzen. Kriege, Sanktionen, Sabotage, militärische Einkreisung, Interventions- und Kriegsdrohungen sind Elemente dieser Aggressivität. Von den USA, der bei weitem stärksten Militärmacht der Welt, und dem US-geführten Militärbündnis NATO geht die Hauptkriegsgefahr aus, einschließlich der Gefahr eines dritten Weltkrieges mit atomarer Bewaffnung.
- Kriege, die Zerstörung von Lebensgrundlagen und -perspektiven, imperialistische Unterdrückung, Ausbeutung und kapitalistische Konkurrenz töten Zehntausende, zwingen Dutzende Millionen von Menschen zu Flucht und Migration. Der Imperialismus macht diese Menschen zum Spielball im Klassenkampf. Er nutzt die von ihm verursachte Flucht und Migration zur Destabilisierung von Ökonomien und zur Erhöhung der Konkurrenz unter den Ausgebeuteten.
- Die VR China und die Russische Föderation sind im Wirken für friedliche Koexistenz, für die Respektierung des Völkerrechts, für Kooperation statt Konfrontation in einer multipolaren Weltordnung zusammengerückt und stellen den Dominanzanspruch des Imperialismus ökonomisch, politisch und militärisch zunehmend in Frage. Bei der Verteidigung der syrischen Souveränität oder bei der Unterstützung Venezuelas gegen Putschversuche des Imperialismus haben sie ihn zunächst ausbremsen können.
- Die EU unter Vorherrschaft des deutschen Imperialismus ist eng mit der NATO verzahnt. Unter deutscher und französischer Führung agiert sie aber auch eigenständig im Kampf um Einfluss in der Welt, zum Teil arbeitsteilig mit dem US-Imperialismus, zum Teil im Widerspruch zu ihm.
- Aufgrund von Konkurrenz und ungleichmäßiger Entwicklung der EU-Länder nehmen die inneren Widersprüche der EU zu. Sie bleibt in einen reichen Kern und eine ärmere östliche und südliche Peripherie gespalten. Die EU wird durch den Brexit geschwächt. Die Instabilität der Eurozone hält an. Frankreich und Deutschland als die Führungsmächte der EU rivalisieren miteinander und sind innenpolitisch angeschlagen. Davon zeugen in Frankreich die Gelbwestenbewegung und in der BRD die Krise der „traditionellen“ bürgerlichen Parteien. Insbesondere in Deutschland gelingt es aber weiterhin, die Arbeiterklasse, die teilweise ökonomisch von der führenden Rolle des deutschen Imperialismus profitiert, in das Projekt EU einzubinden.
- Der deutsche Imperialismus dominiert die EU und nutzt sie als Instrument zur Durchsetzung seiner Interessen. Die Expansion und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitals auf wichtigen Sektoren des Weltmarktes, insbesondere bei Zukunftstechnologien, verlangsamt sich allerdings und gerät zum Teil ins Stocken. Insbesondere mit den Umbrüchen in der Automobilindustrie ist das Risiko des Verlustes von zigtausend Arbeitsplätzen enorm gestiegen. Der Druck auf den Wert der Ware Arbeitskraft nimmt zu, die Ausbeutung wächst genauso wie die Kluft zwischen Arm und Reich.
- Wesentliches Moment der Strategie des deutschen Imperialismus ist die bewusste Einordnung in die NATO-Politik und die Kriegspolitik des US-Imperialismus. Entsprechend seines besonderen ökonomischen Gewichts strebt der deutsche Imperialismus einen größeren Einfluss innerhalb des Militärbündnisses NATO an und forciert die EU-Militarisierung. Das deutsche Monopolkapital bleibt trotz forcierter Aufrüstung im Windschatten des US-Imperialismus, um seine expansiven Interessen im Weltmaßstab durchzusetzen.
Die internationale Entwicklung, deren weiterer Verlauf noch nicht absehbar ist, birgt Gefahren durch die zunehmende Aggressivität des imperialistischen Lagers, aber auch Chancen für die Friedens- und antiimperialistischen Kräfte.
Aufgabe der Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland
Die DKP agiert in erster Linie in diesem Land. Ihr Hauptadressat ist die deutsche Monopolbourgeoisie, der deutsche Imperialismus. Der Widerstand gegen die Macht des deutschen Monopolkapitals ist im Interesse aller Werktätigen in Europa und weltweit. Er ist internationalistisch, weil Erfolge der Arbeiterklasse im Bündnis mit anderen werktätigen Schichten in diesem Land den Spielraum des deutschen Imperialismus bei der Ausplünderung anderer Länder einschränken.
Streiks und außerparlamentarische Bewegungen haben in unserem Land in den vergangenen Jahren zugenommen. Im Gesundheitswesen und in der Altenpflege kämpfen Beschäftigte für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, für mehr Zeit für PatientInnen und Betreute. Im boomenden Internethandel wehren sich Teile der Beschäftigten gegen ihre prekäre Lage. In der Autoindustrie nimmt angesichts von Digitalisierung und Ablösung des Verbrennungsmotors durch Elektroantrieb die Angst in den Belegschaften zu, dabei unter die Räder zu kommen.
Mieterinnen und Mieter gehen für das Recht auf bezahlbares Wohnen auf die Straße. Es entstanden Bewegungen gegen Überwachung und Zensur im Internet und eine Jugendbewegung für die Einhaltung der Pariser Klimaziele. Diese Bewegungen richten sich bewusst oder unbewusst gegen die Profitinteressen und die Macht der Banken und Konzerne.
Die Propaganda zur Sicherung der Hegemonie des westlichen Imperialismus, die Dämonisierung Russlands, des Iran, Syriens, Kubas, Venezuelas und der VR China, das Pochen auf „westliche Werte“ lassen sich immer weniger mit den Erfahrungen der Menschen in Einklang bringen. Das führt zu Widersprüchen, zu Glaubwürdigkeitsproblemen und zu Vertrauensverlust in die Herrschenden und ihre Parteien.
Die herrschende Klasse versucht diese Unsicherheiten, die Perspektivlosigkeit und daraus resultierende Bewegungen für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Sie versucht die Ausgebeuteten über Bestechung und Sozialpartnerschaft in die Strategie ihrer Herrschaftssicherung zu integrieren. Teilen der Klasse werden Zugeständnisse gemacht, ihnen wird suggeriert, dass sie besser gestellt sind, wenn sie die herrschende Klasse als Partner und nicht als Gegner betrachten. Gleichzeitig werden Teile der Klasse durch das Schüren von Rassismus und Nationalismus gegeneinander ausgespielt. Der entscheidende Faktor, um dem entgegenzusteuern, ist die Klassenfrage.
Darum ist die nächstliegende Aufgabe der DKP, die Entwicklung proletarischen Klassenbewusstseins zu fördern, den gemeinsamen Gegner in Gestalt des Monopolkapitals bewusst zu machen und für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse und die Verbindung von Arbeiterbewegung und nichtmonopolistischen Bewegungen zu wirken. Es geht darum, eine gemeinsame antimonopolistische Stoßrichtung der Kämpfe an die Stelle des Gegeneinander-Ausspielens zu setzen. Nur gemeinsam lässt sich die Offensive des Monopolkapitals durchkreuzen, lassen sich der Einfluss der Lobbyisten, die Macht der Konzerne, der Banken, der reichen Großaktionäre und der Finanzoligarchie zurückdrängen.
Diese Veränderung des Kräfteverhältnisses ist notwendig, um den Weg zur revolutionären Überwindung des Kapitalismus, den Weg zum Sozialismus zu öffnen. Dieser setzt die Erringung der politischen Macht der Arbeiterklasse im Bündnis mit anderen Werktätigen voraus. Diese Macht muss genutzt werden, um die wichtigsten Produktionsmittel, Grund und Boden, die Banken und Versicherungen zu vergesellschaften und planmäßig mit dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung und Ökonomie zu beginnen.
In dieser Situation halten wir es für notwendig, die Kampffelder genauer zu bestimmen, an denen wir Bruchpunkte in der Offensive des Monopolkapitals für möglich halten. Brüche, die wir für möglich halten, stehen noch keinesfalls für einen Hegemoniewechsel. Sie stehen für die Möglichkeit, in einzelnen Kampffeldern die durchgängige Offensive des Monopolkapitals zu behindern, zu erschweren und eventuell zu durchkreuzen. Solche Brüche können, müssen aber nicht der Beginn eines Bruchs mit der Offensive des Monopolkapitals sein, das heißt, der Beginn einer Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischem Fortschritt.