„Klarstellung“ Nr 2. : Theroretische und politische Grundfehler der Bildungszeitung

„Klarstellung“ Nr 2. : Theroretische und politische Grundfehler der Bildungszeitung

  1. Fehlerhafte Faschismusanalyse

In der Bildungszeitung -BIZ  gibt es keine ausreichende Klarheit über den Begriff und den Inhalt der Herrschaftsform des Faschismus.  Der Faschismus ist nicht die bevorzugte oder gar typische Herrschaftsform im Imperialismus. Sie ergibt sich und entsteht nicht quasi “gesetzmäßig“.  Selbst die Monopolbourgeoisie nicht, geschweige denn die Kapitalisten allgemein, sehen in ihr die/eine bevorzugte „Herrschaftsform“. Ihre Herrschaftsformen sind variabel: sie reichen von sozialer Integration bis zum „liquidatorischen“ und mörderischen Anti-Marxismus des Faschismus. Das war das Resultat  der Faschismusanalysen der Kommunistischen Internationale (Komintern) und ihres wichtigsten Ökonomen, Eugen Varga. Seine Studium der Pläne der verschiedenen Machtgruppierungen innerhalb des herrschenden Monopolkapitals führten zu folgender Einsicht: Die Gefahr des Faschismus geht in der Hauptsache von den reaktionärsten Gruppen innerhalb des Finanzkapitals aus und nicht vom (Groß-)Kapital schlechthin.

Der VII. Komintern-Kongress im Jahre 1935 machte deshalb klar: Im antifaschistischen Kampf geht es zwar auch um eine Systemfrage – aber sie ist deutlich differenzierter als die Losung „Kapitalismus / Imperialismus führt zum Faschismus.“ Es geht um die Isolierung, Zurückdrängung und politischen Ausschaltung „der am meisten reaktionären und diktatorischen Teile des Finanzkapitals.“ (G. Dimitroff)  Also: Nicht einmal das Finanzkapital als stärkster und herrschender Block der Kapitalistenklasse drängt „gesetzmäßig“ zum Faschismus. Eine antifaschistische Strategie ermöglicht deshalb auch die Ausnutzung von Widersprüchen im Rahmen einer Bündnis-Konzeption unter Einschluss selbst von Kräften aus dem Lager der nicht-faschistischen Bourgeoisie. Es geht um die Vereinigung aller Kräfte gegen die „offen terroristischen Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen E l e m e n t e des Finanzkapitals.“ (Dimitroff) Der Kern solcher antifaschistischen Volksfront ist die proletarische Einheitsfront.

 

  1. Missachtung der Dialektik zwischen demokratischem und sozialistischem Kampf

Die BIZ erkennt die grundsätzliche Bedeutung des Zusammenhangs zwischen demokratischem und sozialistischem Kampf nicht. Sie räumt lediglich ein, dass erst bei einer akut drohenden faschistischen Gefahr der „Kampf zur Verteidigung bürgerlicher Demokratie“ nicht mehr  wie sonst der  Kampf um das „kleinere Übel“ sei. (S. 18/19) Das ist ein grober Verstoß gegen die marxistisch-leninistische Revolutionstheorie. Der zentrale strategische Gedanke Lenins zur Dialektik zwischen demokratischem und sozialistischem Kampf wird verdreht. Lenin  hatte dazu Dialektik erklärt: „Es wäre ein großer Irrtum zu glauben, dass der Kampf um die Demokratie imstande wäre, das Proletariat von der sozialistischen Revolution abzulenken oder auch nur diese Revolution in den Hintergrund zu schieben, zu verhüllen und dergleichen. Im Gegenteil, wie der siegreiche Sozialismus, der nicht die vollständige Demokratie verwirklicht, unmöglich ist, so kann das Proletariat, das den in jeder Hinsicht konsequenten, revolutionären Kampf um die Demokratie nicht führt, sich nicht zum Siege über die Bourgeoisie vorbereiten.“ (LW 22, S. 145).

3. STAMOKAP und die Möglichkeit einer „revolutionär-demokratischen“  Herrschaftsvariante

Im Bildungsmaterial taucht die Begrifflichkeit des „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ (STAMOKAP) auf (S. 5). Was dies aber für die von Lenin bereits erkannte Möglichkeit  der noch engeren Verzahnung des  antifaschistisch-demokratischen mit dem sozialistischen Kampfes bedeutet, bleibt unbegriffen. Lenin hatte in der ersten russischen Revolution von 1905 vom „Hinüberwachsen“ der bürgerlich-demokratischen in die sozialistische Revolution über die Zwischenetappe der möglichen Errichtung einer „revolutionäre Diktatur der Arbeiter und Bauern“ gesprochen.  Er erkannte wenige Wochen vor der Oktoberrevolution in seiner Arbeit ” Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll ” (September 1917) die Chance der Errichtung einer „revolutionären Demokratie“ auf Basis der während des Krieges entstanden Kapitalismusvariante, des STAMOKAP, als eine neue Möglichkeit der Ebnung des Weges zur sozialistisch-proletarischen Revolution. Den Klassencharakter einer solchen „revolutionären Demokratie“ definierte  er so: „Das ist noch kein Sozialismus, aber  schon kein Kapitalismus mehr, das ist ein gewaltiger Schritt zum Sozialismus, ein derartiger Schritt, dass man – die Erhaltung der vollen Demokratie vorausgesetzt – von diesem Schritt schon nicht mehr ohne eine unerhörte Vergewaltigung des Massen zum Kapitalismus zurückkehren könnte.“ (LW 25, S 371)

Mein Fazit: Die Faschismusanalyse der BIZ ist stark vergröbert und damit vom Ansatz her offen für verengte strategische Schlussfolgerungen. Im Schlussteil des Materials (Seite 17 -19) werden die Lehren des Kampfes gegen reaktionäre Herrschaftsformen verzerrt und die Dialektik von demokratischem und sozialistischem Kampf auf den Kopf gestellt. Die grundsätzliche  Kritik von Willi Gerns , Ulli Sander und anderer Genossinnen und Genossen an der BIZ kann von mir deshalb weitgehend geteilt werden.

Dr. Hans-Peter Brenner, Bonn

Der Beitrag wurde in Abstimmung mit dem Autor redaktionell geringfügig gekürzt

 

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