Zum Beitrag (22 Unterzeichner) unter der Überschrift „Bitte nicht diese Bildungszeitung“:
Am 30. Januar 1933 schrieb das „Ruhr Echo“: Verhindert die Papen-Hitler-Diktatur!
In dem Beitrag der 22 Unterzeichner wird erneut der Eindruck erweckt, die KPD hätte erstmals auf der ZK-Tagung im Sporthaus Ziegenhals am 7. 2. 1933 zum Sturz der Hitler-Papen-Regierung aufgerufen. Eigentlich „glaubte“ die KPD noch immer „die volle Macht des Proletariats unmittelbar anzustreben“ zu können, schreiben die Autoren.
Die Lektüre der KPD-Zeitung Ruhr-Echo vom den 30. Januar 1933 (Redaktionsschluss am Abend des 29. Januar) ergibt ein anderes Bild. Unter der Überschrift: Massenstreik! Massendemonstrationen! Verhindert die Papen-Hitler-Diktatur! wird vor der „Aufrichtung der blutigen terroristischen Diktatur der Industriekapitäne und Großarier“ gewarnt. Die Zeitung beschreibt detailliert die Ereignisse um die Vorbereitung der Regierungsübertragung an Hitler und Papen.
Alarmiert von dieser Entwicklung berichtet das Organ des KPD-Bezirks Ruhrgebiet vom Vorschlag der KPD einen Generalstreik auszurufen und erinnert an das Einheitsfrontangebot vom Juli 1932, als Reichspräsident von Hindenburg den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Otto Braun mit einer Notverordnung absetzte, Franz von Papen zum Regierungskommissar für Preußen einsetzte und die demokratischen Grundrechte in Preußen einschränkte. Dieser „Preußenschlag“ war ebenso wie die Wahl von Hermann Göring zum Reichstagspräsidenten im August 1932 ein ganz wesentlicher Punkt den Weg für die faschistische Diktatur zu bereiten.
Wie in Dortmund am 29. Januar, fanden in den folgenden Tagen überall Demonstrationen gegen die „“Hitler-Papen Diktatur“ statt. Dass es nicht, wie 1920 beim Kapp-Putsch, zum gemeinsamen Kampf der unterschiedlichen Teile der Arbeiterbewegung kam hat viele Gründe. Sicherlich gab es auch auf Seiten der KPD Fehler. Verschwiegen werden sollte aber nicht die Anpassungspolitik von führenden Funktionären der SPD und vor allem der Gewerkschaften, die in dem Aufruf des ADGB vom 19. April 1933 mündete. Der Aufruf zum 1. Mai sprach sich „für die gleichberechtigte Eingliederung der Arbeiterschaft in den Staat“ aus. Die Gewerkschaftsmitglieder wurden aufgerufen, „sich allerorts an der von der Regierung veranlassten Feier zu beteiligen“.
Historische Ereignisse und Entwicklungen für die aktuelle Diskussion einzuführen ist sicherlich verdienstvoll. Mit undifferenzierten Verkürzungen, Schlagworten und unzulässigen Verbindungen (Bayrischer Verfassungsschutz – KPD/Thälmann) zu arbeiten ist den 22 Autoren des Briefes aber unwürdig.
Günter Gleising, Bochum